Cinderella0509's Webseite

Mittwochabend dann der Anruf:
"Komm bitte, wir glauben, dass sie die Nacht nicht überlebt."
Was nun folgte, kann man sich kaum vorstellen, wenn man es noch nicht selbst miterlebt hat.
Man hat sooft darüber nachgedacht, wußte dass dieser Tag kommt, aber wenn es dann soweit ist...
Als ich ankam, waren unser Vater und unser Bruder Josef schon da. Susanne (eine gute Freundin) war auf dem Weg.
Anne hatte an diesem Abend das erste Mal Morphium gespritzt bekommen, sie war relativ ruhig.
 
 
Bis morgens um 5 Uhr saß ich mit den anderen an ihrem Bett. Dann fuhr ich nach Hause, schlief 2 Stunden und fuhr zur Arbeit, um meine Chefin zu bitten, dass ich meinen Urlaub vorziehen durfte.
Ich fuhr dann sofort wieder zu Anne.
An diesem Tag kamen Norbert und Gudula (Nachbarin und gelernte Krankenschwester) und boten Uwe an, dass sie die Pflege übernehmen wollten. Denn sie spritzten Anne auch das Morphium und dann könnte die Pflege gemacht werden, wenn das Morphium wirkte. Der Pflegedienst wurde abbestellt.
Wir teilten uns die Nächte auf. Zwei blieben immer bei Anne, saßen an ihrem Bett und hielten ihre Hand.
Sie drehte sich trotz der Morphiumgaben im Bett vor Schmerzen hin und her. Die Dosis wurde dauernd erhöht, doch wirklich gut war es nicht.
Es kamen immer wieder Freunde, die sich von Anne verabschiedeten oder die einfach mal mit den Kinder ein Spiel spielten.
Anne hatte schon einige Tage nicht mehr richtig gesprochen, doch am Freitag, als Uwes Vater sich von ihr verabschiedete, nahm sie seinen Arm und sagte: "Papa, ich habe solche Angst!"
Das hatte sie nicht verdient!!! Als der Arzt Abends kam, redeten Uwe und Norbert mit ihm. Anne bekam dann noch zu dem Morphium ein Beruhigungsmittel verschrieben.
In dieser Nacht machten Papa und ich die erste Hälfte. Norbert kam um 12 Uhr zum spritzen. Er sagte uns, dass Anne vermutlich diese Nacht sterben werde. Die Vorlage war schon den ganzen Tag trocken gewesen. Er vermutete, dass Annes Nieren versagt hätten.
Doch morgens um 4 Uhr war die Vorlage nass. Die Nieren arbeiteten also doch noch.
Samstags morgens half ich Norbert bei der Pflege. Als wir sie auf die Seite drehten, schrie sie wieder vor Schmerzen. Es tat so weh. Man stand daneben und konnte absolut nichts tun. Und sie hatte doch schon vorher gesagt, dass sie nicht lange leiden möchte.
An diesem Morgen habe ich meiner Schwester zum ersten Mal gewünscht, dass sie stirbt! So was hatte sie doch nicht verdient!
Samstags abends kam Klaus zu uns. Wir saßen alles zusammen bei Anne im Wohnzimmer, wir redeten, weinten und beteten. Zum Schluß ging noch jeder zu Anne und sagte ihr etwas. Danach ging es allen wieder deutlich besser. Klaus hatte uns wieder etwas Kraft gegeben.
Die erste Hälfte der Nacht saß ich wieder bei Anne am Bett, die zweite döste ich auf dem Sofa. Morgens wurde ich von Josef geweckt. Wieder dachten wir, es geht zu Ende. Anne atmete nur noch ganz flach. Doch dann kam Annika die Treppe herunter, also nahm Anne wieder ihre ganze Kraft zusammen. Sie wollte doch ihre Familie nicht im Stich lassen.
Sonntagabends waren dann alle physisch und psychisch am Ende. Uwe wollte Anne am nächsten Tag ins Hospiz bringen lassen. Er ertrug es nicht mehr, Anne so leiden zu sehen. Es wurde beschlossen, dass Anne erstmal alleine gelassen werden sollte. Es war ein greifen nach dem Strohhalm. Vielleicht wollte sie ja alleine sterben.
Wieder war ich die erste Hälfte der Nacht da. Heike R.( Freundin und Krankenschwester) und Heike M. (Freundin) kamen Abends noch dazu. Wir saßen in der Küche und horchten auf Annes Atmung. Lediglich zum Spritzen ging Heike R. zu Anne.
Montag
Papa rief den Hausarzt. Dieser kam und empfahl Uwe, abends eine halbe Schlaftablette zu nehmen.
Im Wohnzimmer trat er dann nur von oben ans Kopfende, fühlte Annes Puls und meinte: " Sie braucht Infusion!"
Wir standen daneben, sahen uns an und waren fassungslos. Alle Anwesenden wünschten Anne inzwischen, dass sie endlich erlöst würde und keine Schmerzen mehr hatte. Und DER redet von Infusion!!!!
Es hat keiner was gesagt, aber er muss es an unseren Gesichtern gemerkt haben. Er fuhr wieder.
Klaus rief noch mal an, redetete mit Uwe und Norbert.
Er sagte:
"Wenn wirklich alle am Ende sind, dann wird sie gehen!"
Er bat dann Norbert, den Hörer noch an Annes Ohr zu halten, denn er wollte noch einige Worte zu Anne sprechen.
Um 10.45 Uhr schlief Anne dann für immer ein. Endlich hatte sie keine Schmerzen und keine Angst mehr.
Ich werde niemals den Ausdruck auf ihrem Gesicht vergessen.
Sie lächelte!
So als wenn sie uns sagen wollte:
"Hey, jetzt geht es mir gut!"
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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